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Ist ein Darlehen an einen Gesellschafter ein Verbraucherdarlehensvertrag?

Für Verbraucherdarlehen gelten sehr umfangreiche Informationspflichten. Nicht entschieden ist, ob ein Darlehen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter oder ihre Geschäftsführer ein Verbraucherdarlehen ist.
Gemäß der §§ 491 ff. BGB gelten für entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer (Verbraucherdarlehensvertrag) bestimmte Formvorschriften sowie umfangreiche Informationspflichten. Es wurden einheitlich für ganz Europa europäische Standardverträge für solche Verbraucherdarlehen bzw. Verbraucherkredite entwickelt. Hierdurch soll eine Vergleichbarkeit der Darlehens- bzw. Kreditverträge durch die Verbraucher gewährleistet werden. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschriften auf Verbraucherdarlehensverträge ist zum einen die Entgeltlichkeit des Darlehensvertrages und zum anderen die Verbrauchereigenschaft des Darlehensnehmers. Hier einige allgemeine Ausführungen vorweg: [b]1. Entgeltlichkeit[/b] Die Entgeltlichkeit von Darlehensverträgen ist bei Kreditanstalten immer gegeben. Die Entgeltlichkeit ist in der Regel aber auch dann gegeben, wenn eine Gesellschaft ihrem GmbH-Gesellschafter oder GmbH-Geschäftsführer ein Darlehen gewährt. In der Regel wird nämlich ein Darlehen an GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer zu marktüblichen Konditionen vergeben, um eine verdeckte Gewinnausschüttung zu vermeiden. [b]2. Verbrauchereigenschaft[/b] a) Gesetzliche Definition Nach § 13 BGB ist jede natürliche Person Verbraucher, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. b) GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer Nach ständiger Rechtsprechung sind GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer (auch bei einer GmbH & Co. KG) im Zweifelsfall Verbraucher. Der GmbH-Gesellschafter, selbst wenn er der alleinige Gesellschafter ist, übt eine vermögensverwaltende Tätigkeit aus und dies nicht nur hinsichtlich des Haltens, sondern auch des Erwerbs von GmbH-Anteilen. Grundsätzlich wird die Darlehensaufnahme von der Rechtsprechung also als private Vermögensverwaltung angesehen, selbst wenn die Darlehenssumme in die Gesellschaft eingebracht wird. Der GmbH-Geschäftsführer ist regelmäßig, wenn auch nicht Arbeitnehmer, doch zumindest Angestellter der GmbH und daher nicht selbstständig. Die Höhe der verwalteten Werte oder des Darlehensbetrages ist nicht maßgeblich. Etwas anderes soll gelten, wenn ein Darlehen von einer natürlichen Person zur Anschaffung von Gesellschafterbeteiligungen aufgenommen wird. Hier soll es auf die Art der damit erlangten Gesellschafterstellung ankommen. Soll die Gesellschafterstellung eine unternehmerische Position vermitteln, wie das bei der Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder KG regelmäßig anzunehmen ist, spricht dies gegen die Verbrauchereigenschaft des Darlehensnehmers. Dagegen überschreitet nicht jede die Sperrminorität von 25 % übersteigende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft automatisch die Grenzen privater Vermögensverwaltung. In der Literatur wird diese Rechtsprechung kritisiert. Die Stellung eines GmbH-Gesellschafters oder Geschäftsführers ist nach Auffassung der Literatur zumeist mit der Stellung eines Unternehmers vergleichbar. Es wird von der Literatur angenommen, dass ein GmbH-Gesellschafter oder Geschäftsführer eigenunternehmerisch tätig wird. Für die Auffassung der Literatur spricht insbesondere, dass auch Gesellschafter von Personengesellschaften und geschäftsführende Gesellschafter einer OHG oder KG regelmäßig als Unternehmer einzustufen sind. Sie unterliegen aufgrund der Selbstorganschaft keinen Weisungen. Demgegenüber haben „nur“-Kommanditisten typischerweise die Stellung von Anlagengesellschaftern und damit die Rechtsstellung eines Verbrauchers. Im Falle einer GmbH & Co. KG ist die Gesellschafterstellung in der Komplementär-GmbH entscheidend. c) Juristische Personen Juristische Personen des Privatrechts und Personenhandelsgesellschaften sind keine Verbraucher und fallen damit nicht unter die Regelungen der §§ 491 ff. BGB. Sonstige gewerblich oder beruflich tätige Gesamthandsgemeinschaften (Gesellschaften bürgerlichen Rechts) können Verbraucher sein und den Schutz der §§ 491 ff. BGB genießen. Dies gilt zum Beispiel in den Fällen, in denen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts lediglich der Verwaltung des eigenen Vermögens eines Verbrauchers dient (BGH vom 23. Oktober 2001, Aktenzeichen: XI ZR 63/01). Eine GbR ist dann nicht Verbraucher, wenn ihre Gesellschafter ausnahmslos juristische Personen sind, oder soweit sie im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, z. B. bei einer Freiberufler-GbR. d) Existenzgründer Die Vorschriften der §§ 491 ff. BGB gelten gemäß § 512 BGB auch dann für natürliche Personen, wenn diese ein Darlehen im Gründungsstadium einer juristischen Person (Vor-AG, Vor-GmbH) und Personenhandelsgesellschaften aufnehmen, wenn der Nettodarlehensbetrag oder Barzahlungspreis EUR 75.000,00 nicht übersteigt. Auch dann werden diese natürlichen Personen noch als Verbraucher angesehen. [b]3. Zweck des Darlehens[/b] Wird ein Darlehen teilweise für private und teilweise für gewerbliche oder selbstständige berufliche Zwecke aufgenommen, wird eine Aufteilung des Darlehens vorgenommen. Für den privat veranlassten Teil des Darlehens gelten die Schutzvorschriften des § 491 ff. BGB. Liegen Informationsmängel vor oder fehlt das Widerrufsrecht, ist der Darlehensnehmer zur Kündigung des Darlehens berechtigt. Der Fortbestand des übrigen Vertrages richtet sich nach § 139 BGB, der die Teilnichtigkeit regelt. Hier heißt es: „Ist ein Teil eines Rechtsgeschäftes nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.“ Ist das Darlehen nicht trennbar, wird auf den Schwerpunkt des Verwendungszwecks abgestellt. Dient es überwiegend privaten Zwecken, sind die Schutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB einzuhalten. [b]4. Kumulative Schuldübernahme eines Gesellschafters oder Geschäftsführers[/b] Wird eine Bürgschaft von einem Verbraucher für ein Darlehen übernommen, das der ausgeübten gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit dient, finden nach der Rechtsprechung die Schutzvorschriften des Verbraucherdarlehensvertrages weder unmittelbar noch analog Anwendung (OLG Düsseldorf, 12. September 2007, Aktenzeichen: 3 U 31/07). [b]5. Darlehen von Gesellschaften an ihre Gesellschafter bzw. Geschäftsführer[/b] a) Sachstand in der Literatur Rechtsprechung liegt zu diesem Themengebiet nicht vor. Bei den beteiligten Vertragspartnern fehlt im Regelfall das Problembewusstsein. Von einer Auffassung in der Literatur wird vertreten, dass bei einem Darlehen, z. B. einer GmbH an einen Gesellschafter, zwar die Kapitalerhaltungsgrundsätze der §§ 30, 31 GmbHG zu berücksichtigen sind, diese aber die §§ 491 ff. BGB nicht verdrängen. (Notarassessor Dr. Niklas Patrick Mairose, Düsseldorf, RNotZ 2012, 467 ff.). Da jedoch das reine Gesellschaftsinnenverhältnis betroffen sei und kein Wettbewerbsverhältnis mit anderen potentiellen Darlehensgebern um einen Darlehensnehmer bestehe, stelle dies eine Ausnahme von der Anwendbarkeit der Verbraucherdarlehensvorschriften dar. Er verneint bei GmbH-Gesellschaftern und Geschäftsführern in diesem Fall die Verbrauchereigenschaft. Die Schutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB sollen auf solche Darlehen keine Anwendung finden. Eine andere Auffassung in der Literatur verneint diese Ausnahmeregelung (von Westphalen in von Westaphlen/Emmerich/v. Rottenburg, Kommentar zum Verbraucherkreditgesetz, § 1, Rn. 119). Sie hält auch in den Fällen, wenn eine Gesellschaft ihrem GmbH-Gesellschafter oder Geschäftsführer ein Darlehen gewährt, die §§ 491 ff. BGB für anwendbar. b) Empfehlung Im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Darlehen gibt es in den Fällen der Ziffer 5. derzeit weder eine gesicherte Rechtsprechung noch überhaupt Rechtsprechung, als auch keine herrschende Auffassung in der Literatur. Der umfassenden Beratung geschuldet, sollte deswegen bei jeder entgeltlichen Darlehensgewährung einer Gesellschaft an einen Gesellschafter oder Geschäftsführer das umfassende Regelungswerk der §§ 491 ff. BGB berücksichtigt werden in der Form, dass die europäischen Standardverträge angewendet werden. Einzelfälle können ggf. eine abweichende Empfehlung rechtfertigen. [b]Ansprechpartner:[/b] Hendrik Zeiss Rechtsanwalt, Steuerberater Tel.: +49 211 17257-67 E-Mail: h.zeiss@egsz.de

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