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Für Lieferverträge gilt Kaufrecht

Wir möchten Sie an dieser Stelle auf eine in der Praxis bislang weitgehend unbeachtet gebliebene Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 2009 zur Anwendung des Kaufrechtes bei Lieferverträgen über hergestellte Waren aufmerksam machen.
Der BGH wendet auf Lieferverträge über die Herstellung oder Erzeugung beweglicher Sachen gemäß § 651 BGB nicht mehr Werkvertragsrecht, sondern Kaufrecht an. Das hat gravierende Auswirkungen insbesondere in Bezug auf Fragen zur Mangelbeseitigung, AGB, VOB etc.. Mit Urteil des BGH vom 23. Juli 2009 trat eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung ein. Auf Lieferverträge, die bislang den Regelungen des Werkvertragsrechtes unterfielen, findet nunmehr nach der aktuellen Entscheidung des BGH in der Regel Kaufrecht Anwendung. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte die Auftraggeberin für einen Dritten in Russland eine Siloanlage zur Einlagerung von Graspellets zu erstellen. Hierfür erforderliche Dammwände, Stützen und Zugstangen sowie eine prüffähige Statik gab sie bei einem Unternehmer in Auftrag, der diese Teile herstellte und an die Auftraggeberin auslieferte, die hieraus in Russland die Siloanlage errichtete. Es wurde durch einen Gutachter festgestellt, dass die von dem Unternehmen gelieferten Silozellen eine zu geringe Blechdicke aufwiesen und deshalb nicht hinreichend beulsicher waren. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass auf diesen Liefervertrag Kaufrecht Anwendung findet. Dies hat für die Auftraggeberin zur Konsequenz, dass sie gemäß der §§ 377, 381 Abs. 2 HGB Untersuchungs- und Rügepflichten hatte, denen sie tatsächlich nicht nachgekommen war. Damit galt das von dem Unternehmer zur Herstellung der Siloanlage unbrauchbare Material als abgenommen und konnten von der Auftraggeberin Nachbesserungen und Mangelbeseitigungsansprüche oder Ähnliches nicht mehr geltend gemacht werden. Diese Rechsprechung des BGH hat zur Konsequenz, dass für Verträge über die Herstellung oder Erzeugung beweglicher Sachen, soweit Planungs-, Konstruktions-, Integrations- und Anpassungsleistungen nicht den Schwerpunkt des Vertrags bilden, das Kaufrecht gilt. Unter das Werkvertragsrecht fallen bei Lieferverträgen daher im Wesentlichen nur noch die Herstellung von Bauwerken, reine Reparaturarbeiten und die Herstellung nicht-körperlicher Werke, wie z.B. die Planung von Architekten oder die Erstellung von Gutachten. Daraus folgt, dass beispielsweise im Anlagenbau oder auch im Bereich des Handwerkes in vielen Fällen entgegen bisheriger Auffassung nicht Werkvertragsrecht, sondern Kaufrecht gilt. Konsequenz aus dieser Rechtsprechung ist sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer, dass bei den betroffenen Vertragsverhältnissen - eine Untersuchungs- und Rügepflicht besteht; - ein Recht zur Selbstvornahme nicht besteht; - Abschlagszahlungen grundsätzlich nicht vorgesehen sind; - die VOB keine Anwendung findet; - die auf Werkvertragsrecht ausgerichteten AGB unanwendbar sind; - ein Entschädigungsanspruch gegen den Besteller ausgeschlossen ist; - Mängelbeseitigungsansprüche aus dem Werkvertragsrecht nicht gelten. [b]Empfehlung[/b]: Wir empfehlen Ihnen als Lieferant möglichst umgehend die von Ihnen für Lieferung und Leistung verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ihre derzeitige Wirksamkeit hin zu überprüfen. Sind diese noch auf Werkvertragsrecht ausgerichtet, sind sie auf den Liefervertrag nicht anwendbar und entfalten deswegen keine Wirkung. Als Besteller oder Auftraggeber sollten Sie in jedem Fall bei Ihnen eingehende Lieferungen umgehend untersuchen und etwaige Mängel zu Beweiszwecken möglichst schriftlich rügen. Entsprechend sind auch die bislang üblicherweise verwendeten Individualvertraglichen Regelungen nun zu bewerten. Zuletzt möchten wir zu Bedenken geben, dass der Unternehmer nicht verpflichtet ist, den Auftraggeber auf diese geänderte Rechtsprechung hinzuweisen. Er muss also bei Ablieferung der Ware nicht auf dessen Untersuchungs- und Rügepflicht hinweisen. Als Unternehmer können Sie aber dem Kunden -unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung- als besondere Serviceleistung eine Mangelbeseitigung im Rahmen einer gesondert entgeltlich zu vereinbarenden Garantie zusagen. Dabei ist die aktuelle Rechtsprechung des BFH vom 10. Februar 2010. Az.: XI R 49/07 zu berücksichtigen, wonach auf dieses im Rahmen der vereinbarten Garantie gezahlte Entgelt u. U. Umsatzsteuer anfällt. Es handelt sich insoweit ggf. um eine steuerbare Leistung. Bei der Überprüfung der verwendeten AGB sowie der rechtlichen Gegebenheiten sind wir gerne behilflich. Ihr direkter Ansprechpartner zu diesem Thema: Hendrik Zeiss Rechtsanwalt, Steuerberater Tel.: +49 211 17257-67 E-Mail: h.zeiss@egsz.de

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